Buch “Thomilin und sein Weib” von Helen Liebendörfer

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Thomas Platter, von seiner Frau Thomilin genannt, hütet als Knabe in Grächen Ziegen und Kühe, wandert 7 Jahre lang als Diener eines Bettelstudenten durch Europa und schafft es schlussendlich erster Rektor des Humanistischen Gymnasiums in Basel zu werden.

Sein Wille, eventuell spielt auch Sturheit mit, und vor allem die bedingungslose Unterstützung seiner Gattin Anna ermöglichen seinen gesellschaftlichen Aufstieg.

Frau Liebendörfer schafft es mit fiktiven Dialogen und Beschreibungen historischer Ereignisse eine Ahnung der überaus fordernden Lebensumstände einfacher Leute im 16. Jahrhundert zu vermitteln.

Der Schreibende schätzt sehr, dass die Autorin einen Fokus auf die Leistungen der eher unbekannt gebliebenen Ehefrau an der Seite eines in Basel immer bekannter werdenden Mannes legt.
Die Autorin knüpft in diesem Sinne an ihr sehr interessantes Buch “die Frau im Hintergrund” an, welches das Leben von Wibrandis Rosenblatt, schildert. Diese tatkräftige Frau war mit drei Reformatoren des 16. Jahrhunderts verheiratet.

Anna und Thomas lernen sich in Zürich kennen. Sie arbeitet als Magd, Thomas lernt bei ihrem Arbeitgeber Sprachen. Sie heiraten und wandern ins Wallis, wo Thomas als Lehrer arbeiten kann.
Der Einfluss der katholischen Kirche engt Anna und Thomas ein, das reformierte Basel lockt. Der nächste Marsch, jetzt mit einem Kind, wird unter die Füsse genommen.

Von Basel geht es bald weiter nach Pruntrut. Vor der im Jura wütenden Pest flüchtet das Paar nach Zürich und wandert schlussendlich wieder nach Basel.
Der Schreibende wird sich bei der Lektüre wieder bewusst, welch bequemen Lebensstil er pflegt.


Die Familie Platter ist angewiesen auf die Arbeitsleistung und die Einnahmen von Anna, welche jeden Tag für viele Studenten kocht. Thomas arbeitet als Lehrer, versucht sich auch als Drucker und Buchhändler.
Rechte und Aufgaben sind zwischen Mann und Frau klar verteilt

Geschäftsschulden häufen sich an, zwei Töchter sterben an der Pest. Thomas bricht erschöpft zusammen.
Anna steht ihre Frau, pflegt ihren Mann, kümmert sich um den Haushalt, bekocht und bewirtet weiterhin ihre Gäste.

Die finanzielle Lage bessert sich, als Thomas zum Rektor ernannt wird, Anna Studenten neben Kost auch Logis anbietet, ihr Arbeitsvolumen weiter erhöht.

Sie stirbt entkräftet mit 78 Jahren. Zwei Monate nach ihrem Tod heiratet der vierundsiebzigjährige Thomas eine fünfundzwanzigjährige Frau. Sechs Kinder entspringen dieser Verbindung.

Thomas geht mit 79 Jahren in Pension und stirbt im Alter von 83. Dank seines Ansehens in Basel wird er in einer Gruft im Kreuzgang des Basler Münsters beigesetzt.

Der Schreibende weiss nicht, wo Anna begraben wurde.

31. August 2020

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