Ein Mann aus einem kleinem Land

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Ein Mann aus einem kleinen Land begibt sich auf eine lange Reise ins sehr grosse Heimatland seiner Frau.

Die Reise klappt bestens, Technik sei Dank. Nach 21 Stunden in Warteräumen und in 3 verschiedenen Flugzeugen kann Mann in Curitiba wieder frische, von vielen Automobilen gewürzte Luft einatmen. Sofort heisst es umsteigen in ein Automobil, um die restlichen 400 Kilometer nach Joaçaba zurückzulegen, wo seine Schwiegermutter wohnt. Im Dunkeln angekommen umarmt er seine Frau, seine Schwiegermutter und seine Schwägerin. Brasilianischer Herbst kann schwül und sehr warm sein. Tägliche Abkühlungen im Bassin tun gut.

Wir nehmen uns Zeit zum Austausch , Essen, täglicher Gymnastik, zum Sein. Im Fernsehen wird live die Verhaftung des ehemaligen Präsidenten Lula übertragen. Wegen Korruption wurde er zu 12 Jahren Gefängnis in Curitiba verurteilt. Zwei Helikopter und ein Jet transportieren den berühmtesten Häftling Brasiliens von seinem Wohnort Sao Paulo nach Curitiba.

Ein Bekannter braut herrliches Bier, farbige Tukane verstecken sich schüchtern zwischen den Blättern des Nussbaums. Herrlich mächtige Araukaria-Bäume thronen weit über uns kleinen Lebewesen.

Ein Nachtbus transportiert das Ehepaar von Joaçaba nach Curitiba. Der Buschauffeur fährt diese Strecke das erste Mal. Nach einem Zwischenhalt irgendwann nach Mitternacht wähnt Frau ihren Mann, welcher ein stilles Örtchen im Bus besucht, als verschollen und informiert den Buschauffeur emotional über diesen Sachverhalt. Motiviert tritt er danach auf das Gaspedal, so entsteigen wir schlaftrunken dem Bus in Curitiba um fünf Uhr morgens anstatt um sieben Uhr. Nach acht Uhr holen uns unsere Bekannten ab. Zusammen wollen wir die Ilha do mel, die Honiginsel, erkunden. In weiten Kurven schlängelt sich die Autobahn, auf welcher Hunderte von Rennradsportlern trainieren, von Curitiba, welches auf 935 Metern über dem Meer liegt, zur tropisch heissen Küste runter.

In dieser Region ist es das ganze Jahr hindurch warm bis heiss. Die Honiginsel, einst ein Rückzugsort für Leute mit Lust auf rauchbare Heilpflanzen, bezieht heute Strom vom Festland mit einem Unterwasserkabel. Die Insel ist autofrei, entspannt und auch bei Moskitos sehr beliebt. Reste des Atlantischen Urwaldes bedecken Teile dieser langgezogenen Insel. Wunderbare Spaziergänge unter dem Dach mächtiger Bäume spenden Schatten vor der Sonne, welche in diesen Breitengraden direkt über uns zu sitzen scheint.

Ein Paar lässt sich am Sandstrand trauen, die Vorbereitungsarbeiten ziehen sich über Stunden hinweg. Tropische Früchte bereichern und versüssen das Frühstück. Auf Leute, welche auf tierische Produkte verzichten, sind die Speisekarten nicht ausgelegt. No problema, in Brasilien ist Flexibilität eine scheinbar angeborene Grundfertigkeit. Mann lernt sehr gerne immer wieder dazu.

Nach einigen Tagen wagt das Paar sich wieder in die autovilisierte Gesellschaft zurück. Am Schalter des kleinen Busbahnhofs werden uns die absolut letzten Busbillette nach Curitiba verkauft. Scheinbar erhalten alle Reisenden diese Information. Schlussendlich bleiben einige Sitze frei. Der Bus kämpft sich an dichten Urwaldhängen entlang auf das Hochplateau, wo die Millionenstadt Curitiba sich in alle Richtungen ausdehnt.
Es bleibt wenig Zeit um den vielen farbigen Eindrücken Adeus zu sagen und wieder gemeinsam in das kleine und feine Heimatland zurückzukehren. Obrigado por tudo.

5. April 2018

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