Napoleon Trumporte

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Am 6. Januar 2021 stürmte in Washington ein aufgebrachter amerikanischer Mob sein Bundesparlament. 5 Menschen starben.
Für viele KommentatorInnen trägt Donald Trump mit seiner Rhetorik eine Mitschuld an diesen Tumulten.

Am 10. August 1792 stürmte in Paris ein aufgehetzter französischer Mob die Tuilerien, das Stadtschloss des Königs. Hunderte Schweizer Gardisten, welche den französischen König beschützen sollten, wurden niedergemetzelt.
In seinem Werk “Napoleon, ein Leben” beschreibt Adam Zamoyski dieses Massaker und das Entsetzen von Napoleon Bonaparte über das Schänden der toten Körper durch Damen der besseren Pariser Gesellschaft.

Das Zusammentreffen meiner aktuellen Lektüre mit dem Ereignis in Washington weckt in mir die Idee darüber zu schreiben, welche Parallelen und Unterschiede zwischen Napoleon und Donald mir im Moment auffallen.

Detailliert und ausführlich beschreibt der amerikanische Autor den Werdegang des Knaben aus Korsika, welcher mit 9 Jahren in eine Militärschule eintrat, mit 26 Jahren General wurde und mit 35 Jahren zum französischen Kaiser gekürt wurde.

Beim Eintritt in das Internat mit vormilitärischer Ausbildung war Donald Trump 13 Jahre alt, mit 71 wurde er endlich Präsident der USA.

Napoleon profitierte von der Tatsache, dass viele Menschen in Frankreich sich nach Jahren der politischen Anarchie nach Stabilität und Ordnung sehnten und von der aktuellen Regierung frustriert waren.
Seine militärischen Erfolge als junger General schmückte Napoleon derart aus, dass er in den französischen Medien als Supermann gepriesen wurde.
Auch war sein politischer Aufstieg keineswegs frei von illegalen Machenschaften.

Donald Trump verpasste die von ihm zutiefst ersehnte Wiederwahl, weil er oder sein Verhalten von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wurde.
Er behauptet auch heute noch, dass illegale Machenschaften bei den Wahlen ihn sein Amt kosteten.

Adam Zamoyski ist der Meinung, dass Napoleon sehr intelligent, mutig, enorm arbeitsam war. Oft stand er um 2 Uhr morgens auf und arbeitete bis 7 Uhr. Das anschliessende Bad entspannte ihn vor dem kommenden Arbeitstag.

Den Medien entnahm ich, dass Donald Trump in seiner Präsidialzeit kein Langschläfer war, sich früh morgens dem Twittern und dem Fernsehen widmete.

Sensibilität, Einfühlsamkeit, Bescheidenheit und Geduld waren nach Ansicht von Zamoyski keine Stärken von Napoleon, welcher ziemlich immun gegenüber Ratschlägen von aussen zu sein schien. Der Biograph ist der Meinung, dass der klein gewachsene Korse sein Leben lang verbissen um Anerkennung des Hochadels, dem er von Geburt an nicht angehörte, kämpfte.

Die verbalen Attacken gegen politische OpponentInnen, seine Aggressivität bei Wahlkampfveranstaltungen vermittelten mir in der Vergangenheit nicht den Eindruck von einem feinfühligen und bescheiden auftretenden amerikanischen Präsidenten.

Die Familie von Napoleon profitierte in enormem Masse von dessen Machtzuwachs und von seinem Vermögen.
In den letzten 4 Jahren kam auch der Familienclan von Trump auf seine Kosten, wenn man den Medien Glauben schenken kann.

Napoleon war überzeugt, dass er Kriege gewinnen und Territorien erobern musste, um in Frankreich sein Ansehen steigern oder zumindest halten zu können. Zu viele Menschen wurden Opfer dieser rücksichtslosen Aggressionspolitik.
Trump zettelte keine neuen militärische Konflikte an, schien sich aussenpolitisch zurückzuziehen, konzentrierte sich auf Wirtschaftssanktionen und die Umsetzung seiner Strategie “America First”.

Bonaparte und Trump waren mehr als einmal verheiratet und amourösen Abenteuern mit grosser Wahrscheinlichkeit durchaus nicht abgeneigt.

Ich freue mich jeden Abend auf die Fortsetzung der höchst informativen Lektüre “Napoleon, ein Leben”, und ich bin dankbar nicht zu Zeiten von Napoleon gelebt zu haben.
Auch dürstet es mich nicht danach Donald Trump persönlich zu treffen.

9. Januar 2021

1 Kommentar

  • Schwierige Thematik. Hochinteressant. Gut aufbereitet Kussi und aufschlussreich, was die Parallelen der beiden Despoten betrifft.
    Ich meine es gibt noch viele Andere mit ähnlicher charakteristischer DNA. Wieso sind die meisten davon – glücklicherweise – weniger erfolgreich?