Bereichert

B

Die zwei Türme des Basler Münsters scheinen den Bauch der Nebeldecke zu kitzeln.
Errötende Rebenblätter und knallig bekleidete Rennende fallen im mystisch anmutenden Morgengrau am Rheinufer wohltuend auf, stimmen mich ein auf den baldigen Museumsbesuch.

Das Kunstmuseum widmet seine aktuelle Ausstellung dem Schaffen von Camille Pissarro. Ich erlebe ein Fest der Sinne.
Viele Bilder des französischen Malers beeindrucken mich mit ihrer Ausdruckskraft, ihren Farben, ihren Motiven.

Als einer der ersten Maler widmete sich Pissarro bis zu seinem Tod im Jahr 1903 neben Naturlandschaften und Stadtansichten auch den Menschen, welche auf Feldern und auf Märkten arbeiteten.
Etliche Gemälde strahlen auf Grund der gewählten Farben und Pinseltechnik Wärme und Idylle aus.
Die Darstellung der körperlich hart arbeitenden Menschen kontrastiert, ist radikal.

Camille Pissarro scheint von der Malerei besessen gewesen zu sein, gewichtete seine Leidenschaft höher als Ruhm und sicheres Einkommen.
Ich erhalte den Eindruck einem Mann zu begegnen, welcher seinen Idealen treu blieb, Neuem gegenüber aufgeschlossen und produktiv war.

In einzelnen Räumen verstärken Musik und Informationen, von einem Kopfhörer übermittelt, die visuellen Impressionen.

Als ich das Museum verlasse, scheint die Sonne. Scheinbar hat das Kitzeln der Münstertürme Wirkung gezeigt.
Der Nebel hat sich verzogen und hüllt auf der anderen Seite des Rheins die Roche-Türme stellenweise ein.

Auf dem Rückweg halte ich vor dem zwitschernden Weihnachtsbaum inne.
Unzählige Meisen sitzen auf nackten Ästen eines Laubbaums, gleichen bauchigen Weihnachtskugeln.
Ich glaube, dieses Bild hätte Camille Pissarro auch fasziniert, eventuell sogar inspiriert.

Bereichert lege ich zu Hause mein Zertifikat zum Altpapier und mich auf das Sofa.

11. November 2021

1 Kommentar

  • Lieber Markus
    Vielen farbigen Dank für das Mitnehmen an die Kunstausstellung.
    Habe den Text sehr genossen.
    Lieben Sonntagsgruss
    Beat