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Vor 7 Uhr morgens gehört Birsfelden am Samstag Meisen, Spatzen, Tauben und Störchen. Mann hat Freude am Unterwegssein. Auf der kleinen Brücke zur Kraftwerkinsel ziehen zweimal zwei Türme die Blicke des Schlendernden auf sich. Niedrig wirken die beiden sandsteinfarbigen Türme des Basler Münsters im Grossbasel. Gedungen und langgestreckt erscheint sein Hauptbau aus der Ferne. Im Kleinbasel ragen die beiden Roche-Türme, von den ersten Sonnenstrahlen beschienen, hoch auf. Sie sind, von Weitem sichtbar, das visuelle Wahrzeichen von Basel geworden. In früherer Zeit gehörte diese Ehre dem Münster, dessen tausendster Geburtstag letztes Jahr mit fantastischen Veranstaltungen gefeiert wurde. Der Münsterbau zog sich, mit Unterbrüchen, über sechs Jahrhunderte hin. Sehr oft lernten Handwerkersöhne den Beruf des Vaters, arbeiteten zusammen mit ihm und übernahmen schlussendlich seine Arbeit. Der Münsterbau schuf viele Arbeitsplätze, ernährte direkt und indirekt unzählige Generationen von Basler Familien. Eintritt in den offenen und dunklen Sakralbau ist fast jederzeit möglich, für einen kleinen Obolus kann man über enge und gewundene Treppen auf die beiden Türme steigen. Dank dem Münsterbau konnte Basel sich wirtschaftlich und kulturell entwickeln.
So war Basel zwischen 1431 – 1449 Austragungsort eines Konzils der katholischen Kirche. Kirchenväter, Frauen waren nicht zugelassen, deren Bedienstete, Politiker, Künstler reisten in die Stadt am Rheinknie um zu treffen und getroffen zu werden. Das lokale Gewerbe profitierte, beispielsweise wurden Strassen gepflastert, die Gäste mussten verpflegt und beherbergt werden. Die Basler Regierung dachte praktisch, kaufte zwei Häuser auf der Lyss, welche als Freudenhäuser dienten und rentierten. Die Gründung der Basler Universität war eine direkte Folge des Basler Konzils. 18 Jahre lang war Basel in aller Munde, auch weil das Konzil einen zweiten Papst, einen Gegenpapst, wählte und so den Zwist in der katholischen verstärkte. Seit einigen Jahrzehnten ist Basel Sitz von Roche und Novartis, zwei der weltweit mächtigsten Pharmafirmen. Sie und viele kleinere Unternehmen in dieser Branche füttern die Basler Staatskasse, schaffen Arbeitsplätze für Firmen aus Basel und der Region, für Menschen aus aller Welt, welche ihre Kinder in die boomenden international schools in Basel und in der Region schicken. Investitionen in Milliardenbeträgen werden schnell umgesetzt. Der erste Roche-Turm wurde innerhalb von drei Jahren hochgezogen. Sein jüngerer Bruder wächst momentan auch schnell und soll schlussendlich 205 Meter hoch werden. Die Fassade aus Metall und Glas reflektiert die Sonnenstrahlen, scheint zu glühen. Zutritt zu den Gebäuden ist streng reguliert und kontrolliert. Rentieren die Pharmabetriebe, geht es Basel sehr gut. Ihre kleine Velotour starten Frau und Mann am späten Morgen. In vorgegebenem Abstand strampeln sie auf die Chrischona hoch. Majestätisch präsentiert sich bei der Kirche, deren Fundament vor 1500 Jahren gelegt wurde, ein japanischer Kirschbaum. Die Stille verstärkt das Summen der Bienen. Gemütlich rollt es sich runter zum Erlenmatt-Quartier, ein 2000-Watt-Areal in der Nähe der Messe Basel. Eine riesige Grünfläche bildet das ausgedehnte Zentrum des an Bürotischen geplanten Quartiers. Wunderbare Glyzinien dekorieren und parfümieren einen Teil der Feldbergstrasse. Zwei Tauben ruhen im Blauregen. Das Ehepaar staunt und spaziert, ihre Fahrräder stossend. Vor einem Supermarkt beschimpfen sich zwei Männer lautstark, scheinbar geht es um das Einordnen in der covidschen Warteschlange. Ihre Nerven scheinen blank zu liegen. Entspannt und dankbar radeln Frau und Mann nach dem Kauf von zwei Packungen Weissbohnen nach Hause.

Samstag, 12. April 2020

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