167 plus 1

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Gelb, rot, weiss, orange, mehrfarbig verzaubern sie uns. Aufrecht und stramm trotzen sie verschlossen den aktuellen Wetterkapriolen, öffnen sich vertrauensvoll den Sonnenstrahlen.

167 Tulpen dekorieren das Rasengrün zwischen dem majestätischen Kirschbaum, momentan trägt er eine prächtige, weisse Perücke, und unserer Hausveranda.

Sie sind für uns ein Geschenk des Himmels und ein Mysterium. Nie haben wir eine Tulpenzwiebel gepflanzt.
Vielleicht bewährt sich tatsächlich meine Philosophie “Lass der Natur freien Lauf”!
Einige deuten diese Haltung als Vorwand, bequem zu sein.

Treffen die Aussagen des italienischen Botanikprofessors Stefano Mancuso zu, welche er in seinem Buch „Die Intelligenz der Pflanzen“ festgehalten hat, führen die 167 Tulpendamen ein Herrenleben bei uns.
Demnach lassen deren Gespräche und gegenseitigen Informationen, vermittelt durch unterirdische Kanäle, unseren Garten momentan vibrieren.

Einzelne Exemplare dieser Liliengewächse neigen ihren Nachbarinnen flüsternd die Blütenblätter zu.
Andere Tulpen, stets gleichfarbig, scheinen sich um einen erhöhten Stammtisch gruppiert zu haben.
Wiederum andere scheinen in sich zu ruhen, leicht wiegend im Wind.

Auf der anderen Seite des Kirschbaums, in gebührendem Abstand, thront eine einzelne leuchtend rote Tulpe, einfach ist es sie zu übersehen. Eine Hofstatt von Löwenzahn und Traubenhyazinthen umgibt sie.

Wie geht es ihr?
Hat sie ihren Standort ausgesucht? Wurde sie verbannt? Ist sie eine Aussteigerin? Eine Eremitin, vielleicht eine Pionierin?
Ich frage mich, ob sie mit ihren 167 Artgenossinnen verbunden ist, mit ihnen kommuniziert?

Mit unserem Enkel besuche ich sie, streichle sie, spreche ihr mein Lob und meine Dankbarkeit aus, ermutige sie, zu sich zu stehen.

14. April 2023

2 Kommentare

  • Lieber Markus,
    Soo schön Deine reizende Tulpengeschichte, vielen Dank, dass Du mich mitgenommen hast in Dein Tulpenfeld. Ich lasse sie einsahme rote Tulpe grüsden.
    Herzlich Cécile