Suchen

S

Gestern Abend hielt ich mit geschlossenen Augen kraftvoll schwimmend mit leichtem Herzen der Rheinströmung stand, als plötzlich ein einsames Buchenblatt sich sanft an meine Stirn schmiegte.
Vor einer Woche, ich hing schwerfällig im Wasser, suchte ein abgebrochener Baumast spürbar Körperkontakt.

Bei beiden Situationen erinnerte ich mich an ein Zitat meiner Französischlehrerin “qui se ressemble, s’assemble”. “Gleich und gleich gesellt sich gerne”.

Die Idee zum aktuellen Text kam mir, als ich beim Zähneputzen einem Mann zuschaute, welcher vor unserem Haus in all seinen Taschen nach etwas zu suchen schien und zunehmend verzweifelter wirkte.

Wann suchen wir nicht? Den Schlüssel, Zuversicht, eine Wohnung, Bestätigung, eine Arbeitsstelle, innere Balance………..

Mir scheint, auch heute widme ich einen beträchtlichen Teil meiner Lebenszeit diesem Thema. Manchmal lustvoll, manchmal gezwungenermassen, mit unterschiedlicher Intensität.

Die Suchobjekte haben teilweise andere Formen und Inhalte angenommen. Für meine Geliebte sind warten und suchen Zwillinge.

Eine Szene des Kinofilms “Canterbury Tales“ von Pier Paolo Pasolini, welcher im Mittelalter angesiedelt ist, hat sich mir sehr tief eingeprägt.
Vier Jugendliche verbringen zechend miteinander die Nacht. Am Morgen wacht ein junger Mann nicht mehr auf.
Seine Freunde machen sich auf die Suche nach dem Tod, um sich an ihm zu rächen.

Vor dem Stadttor weist ihnen ein Schäfer den Weg zu einem grossen Baum, wo sie ganz gewiss das Objekt ihrer Suche finden werden.

Unter dem Baum finden die Suchenden Gold- und Silbermünzen. Ein junger Mann eilt in die Stadt, um Brot und Wein zu kaufen. In den Wein mischt er Rattengift. Zurück bei seinen Kumpanen erdolchen sie ihn, um den Schatz lediglich unter sich aufteilen zu können.
Ihre Tat feiern sie mit Wein.
So fanden die jungen Männer, was sie suchten.

Es kann durchaus Sinn machen, nicht immer sofort fündig zu werden, mit offenen Sinnen Suchende/r zu bleiben.

30. September 2021

2 Kommentare

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  • … und ich bin gerade auf der Fahrt in den Süden – Balance und Wärme suche ich.
    Und wir passieren viele Geschichtsträchtige Orte wie Orange, Aix-en-Provence … die Römer waren hier vor langer Zeit
    Lieben Gruss
    Beat

  • Cêcile
    Hui, das ist aber ein deftiger Text, habe geschmunzelt. Tat mir gut, Danke!
    Bei dem schönen Wetter gehe ich heute in die Natur, bunte Blätter imm Wind zu beobachten, sie sind nur wenig bunt, aber man fühlt die Farbigkeit wenn man sie lang genug betrachtet.
    Hdrzlich Cécile